Auspuff

(für die Kanonenkugel der FZ750)

Der Motor ist ein 4-Takter mit vier Zylindern. Das ist neu für mich. Er hat eine 4in2-Auspuffablage. Die paßt so natürlich nicht aufs Chassis. Die Endtöpfe erwecken nach Schüttel- und Klopfprobe den Eindruck, mächtig viel Ruß und lose Bleche zu beherbergen. Die werde ich schinmal nicht verwenden.

Ich versuche, das Thema 4-Taktauspuff anzunehmen. Diverse Bücher helfen dabei - aber nicht ausreichend. Ich stöber im Internet und befrage alle möglichen Leute, die ich mit Motorsport in Verbindung bringe und erkundige mich in Fachbereichen von FHs und UNIs zum Thema. Das Ergebnis ist nicht befriedigend. Entweder, ich bekomme nur allgemeines mitgeteilt oder Buchempfehlungen, die Wissen auf einer Ebene präsentieren, die mir zeigt, daß ich da wohl diese Saison nicht mehr zum Auspuff bauen kommen werde :-) Bleibt das ingenieurmäßge Kombinieren und Ableiten bekannter Dinge.

Die Krümmerlänge hat einen entscheidenden Einfluß. Ist der Krümmer zu kurz, werden die Schallreflektionen, die sich an der Sammelstelle mehrerer Krümmer ergeben und zum Auslaßventil zurückdrücken, dem ausströmenden Abgas entgegenwirken. Weiterhin wird angegeben, daß der Krümmerdurchmesser so bemessen werden sollte, daß das Abgas ungehindert entweichen kann - die Strömungsgeschwindigkeit aber hoch gehalten werden muß, um Rückwirkungen durch Abbremsung der Gase zu vermeiden.

Bei 4in1 Anlagen wird gern eine 4in2in1 gebaut. Es gibt auch 4in1-Anlagen. Man ließt, daß 4in2in1-Anlagen einen besseren Durchzug zeigen, als 4in1-Anlagen. Da ließt man aber unterschiedliches. Für die FZ750 wird eindeutig die originale Anlage empfohlen, wenn man Durchzug wünscht. Zubehöranlagen sind meist 4in1 und haben im Mittel den Ruf, eher die oberen Drahzahlen zu fördern.

Ich versuche, mal überschlägig zu rechnen. Krümmerlänge: Für eine Verhinderung der Reflektionseinflüsse muß der Krümmer so lag sein, daß die Schall- und die folgende Reflexwelle so lange brauchen, daß das Auslaßventil schon wieder geschlossen ist.

Man kann die Krümmerlänge also so überschlagen:

(331+0.6*mittl. Abgastemperatur) * Auslaßöffnungswinkel
L= ---------------------------------------------------------------------
(12 * Drehzahl) *2

Nimmt man die üblicherweise empfohlenen Werte an so ergibt sich:

(331+0.6*550°C) * 270°
L=-------------------------------------- = 0.7 m
12 * 10500 Umin * 2

Ja, es ist eine Faustformel - die Einheiten sind nicht ganz korrekt - das Ergebnis aber schon. Damit sollten die Krümmer also mindestens 70cm lang sein. Die der FZ7540 sind so 75cm lang. Paßt schonmal. Nachdem die Krümmer das erstemal zusammengeführt worden sind folgt ein Sammelrohr, daß bis zum Endschalldämpfer führt. Hier - genauer am ersten Prallblech im Dämpfer - wird die Schallwelle erneut reflektiert und läuft nun wieder zurück zu beiden Auslässen, die ja an diesem Ast hängen. es werden in der FZ750-Anlage jeweils die zwei Auslässe zusammgeführt, deren Zylinder genau um eine Umdrehung versetzt zünden. Damit muß man in die obige Formel also die 270°+360°=630° einsetzten und so die Mindestlänge für den gesamten Abgasweg zu ermitteln. Es ergibt sich eine Länge von 1,6m. Nimmt man an, daß das Abgas nun auch durch diesen langen Weg weiter abkühlt und im Mittel(!) vielleicht bei so 300°C liegt, so ergibt sich eine Länge von 1,3m. Zieht man die an der FZ750-Anlage gemessenen 75-Krümmer-cm ab so bleiben ca 55cm übrig. Auch das paßt, es sind 57cm. So könnte man also grob die Längen der Ausspuffanlage herleiten. Die 300°C waren natürlich schon etwas ausprobiert ( hihi) - die Berechnung dieses Wertes krieg ich nicht so schnell hin, da Wärmelehre für mich immer etwas mysthisches hatte...

Nachdem ich nun dachte, hier etwas verstanden zu haben, befragte ich einige Leute nach ihren Auspuffanlagen. Eine Zubehöranlage (4in1) hat mir ein FZ750-fahrer ausgemessen, sie besaß gleiche Astlängen. Dann wurde es komisch: Ein Kartselberbauer gab mir die Werte seiner Anlage, die hier arg kürzer (!) abwichen. Die Anlage sollte aber sehr gut funktionieren. Den letzten Schlag ins Gesicht erhielt ich, als ich eine Anlage beschrieben bekam, die nach ca 15cm Krümmern ein dickes Sammelrohr besaß und den Motor drehen ließ "wie Sau". Das widersprach nun allem, was ich bisher meinte verstanden zu haben. Mist.

Also entscheide ich mich, die originale Anlage einfach nachzubauen. da ich auch noch am Einlaßsystem desr Kanonenkugel neue Wege gehen möchte, sind zwei Experimente zu viel, um Fehler eingrenzen zu können.

Ich werde also:

- die Krümmer der Zylinder 1 & 4 und 2 & 3 in einen Ast zusammen führen
- die Krümmerlänge mit 75cm anpeilen
- alle vier Krümmer gleich lang bauen
- aus Platzmangel keine Resonanzbrücke einbauen

Die Rohrdurchmesser werde ich ebenfalls so wählen, daß sie der originalen Anlage entsprechen.

Als ich wiedermal bei Andi vorbeischneie, um mir günstig Rohr zu besorgen, erwähnt er so dumdidum nebenbei, daß er eine Rohrbiegemaschine hat. Kann ich mir ausleihen - klaro. Mir leuchten die Augen - und die Arme werden lang. Das Ding ist auf zwei Holzkisten der Größe Kindersarg verteilt und legt den Sharan nochmal 4cm tiefer. Aber - damit kann ich mir die Krümmer biegen und muß hoffentlich nicht allzuviel Schweißen.

Als erstes fertige ich die Adaptorringe, die die Krümmer am Auslaßflansch halten. Sie bekommen je zwei Ohren, um an den Stehbolzen angeschraubt zu werden.

Dann benutze ich die Biegemaschine und erzeuge in einer Tagesarbeit die Krümmer. Ich fange mit den Zylindern 2&3 an und lege die Krümmerrohre so, daß eben beide gleich lang sind. Die Krümmer müssen seitlich unter der vorderen Motorstütze und dem dort liegenden Lenkstock durch und so gebogen werden, daß sie gerade nach hinten zeigen. ich fange erstmal mit einem dicken Kupferdraht an, die Form zu finden.

Damit die Krümmer auch eine saubere Position haben (sollen ja nirgens aufliegen, da es den Lack beschädigt) baue ich eine Positionshilfe, die natürlich so gebaut ist, daß ich sie "auf symmetrisch" umbauen kann, denn sie soll ja für rechts und links benutzt werden.

Und jetzt erzeuge dann die Krümmer. Krümmer 2 liegt vorn, 3 hinten, um die gleiche Länge zu erhalten.

Mit Klebeband fixiere ich die Teilstücke und punkte sie an. Danach kommen Krümmer 1&4 dran. Hier wird's etwas trickreich. Da die Krümmer 2&3 nun schon liegen, müssen die beiden fehlenden an den beiden vorbei und außerdem die gleiche Länge haben. Na, es geht schon irgendwie. Auch Draht kommt zum Einsatz und div. Klötzchen. Hauptsache die Rohrstücke werden fixiert.

Sieht schon schick aus, so. Jetzt müssen erstmal die Endschalldämpfer dran, damit ich das Sammelrohr auch gut einpassen kann. Ich greife ins Regal und nehme die beiden Tüten, die mir mein liebster Cousin Karl - der dünnste Harleyfahrer von Berlin - geschenkt hat, als er sich eine blubbernde Supertrap-Anlage zugelegt hat. Na, schick sehen sie ja aus. Anschlußdurchmesser und Endrohrdurchmesser sind ordentlich groß - das sollte funktionieren. Ich fräse zwei Halter, da ich dem einen Anschraubloch nicht traue, die Tüten stehend sicher zu fixieren. Die Halter schweiße ich an die Tütenhalter einfach dran. Damit werden sie dann an den Lagerflanschen düe die Hinterachslager einfach mit angeschraubt.

Für die Sammelrohre recycle ich das lange Auspuffrohr von meinem Ford Fiesta. Da war der Endtopf hinüber und ich mußte bis zum Kat alles ersetzten, weil die wersseitige Anlage anders ist, wie die Tauschanlage. Die Aktion kam wirklich genau zum richtigen Zeitpunkt. Das lange Rohr hat einige schöne sogar äußerst ähnliche Biegungen, die ich rausschneide und damit die beiden Sammelrohre bis hin zu den Harleytüten sogar symmetrisch zusammenstückeln kann. Bleiben nur noch die 2-in-1-Zusammenführungen. Die sollen möglichst ohne erkennbaren Absatz sein. Ich benutzt dazu Stücke des Recycleauspuffrohrs und schneide die ca. 10cm langen zylindrischen Stücke längs auf. An einem Ende punkte ich zusammen und am anderen Ende dengel ich solange rum, bis zwei Krümmerrohrdurchmesser gut reinpassen. Damit bleibt noch ein Keilstück offen. Dafür schneide ich mit wieder von dem Recyclauspuffrohr passende Dreiecke aus, die dieses Keilloch genau überdecken. Jetzt wird wieder alles ausgerichtet und dabei einige Fixierstücke aus Holz und Steinen gebaut. Wichtig ist hier, daß die Auspuffanlage rechts/links symmetrisch wird.

Zum Schluß kontrolliere ich die Länge aller Rohrabschnitte, ob auch die gewünschten Längen (s.o.) immernoch stimmen. Dazu nehm ich einen Kupferdraht aus einem Stück NYM-Leitung 2,5 (Elektroinstallation) und forme diesen den Rohrstücken in der "neutralen Faser" nach. Das ist nicht hyperganau, aber auf den Zentimeter schon - das reicht. Jetzt wird dieser Teil nochmal ausgerichtet und auch angepunktet. Bei dem 2-in-1-Stück kommt der "Keil" natürlich nach unten - wie sieht das denn sonst aus...

Und so sehen die Dinger jetzt aus. Was der geneigte Leser nicht mitbekommen hat, ist, wie ich diese "verbogenen" und ineinander verhakten Stücke zwischen Motor und Chassis herausgedingst habe, ohne die nicht besonders stabilen Schweißpunkte zu beschädigen. man kann es erahnen, wenn man sich erinnert oder auf dieser homepage ein Bild sucht, daß die vordere Motorhalterung zeigt, "durch" die die Rohre durchgeführt sind...

Zum Schluß muß noch eine Adaption her, die den Durchmesserunterschied vom Auspuffmittelrohr (42mm) zu den Stutzen der Endschalldämpfer (45mm) ausgleicht. Sonst wird's an dieser Verbindungsstelle immer irgendwie zu laut sein. Ich drehe mir aus ALU zwei Ringe mit Anschlagflansch. Der Fansch muß sein, denn sonst bekomme ich die nach einiger Zeit evtl. angegammelten Ringe wohl nicht mehr zerstörungsfrei demontiert. Bei einer Wandstärke von ca. 1.2mm kann man eben ohne Flansch kein Demontagewerkzeug sicher ansetzten.

So, alles soweit konstruktiv gelöst. Jetzt muß ich wieder zu meinem Cousin - zum Schweißen . Bis dann.

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Man (ich sag jetzt nicht wen das alles meint) ist der Meinung, dass EVO-4 zwar schon gut klingt, aber irgendwie doch zugeschnürt. Meint man zumindest, denn die Harleypötte sind gut für eine Maschine mit 860ccm und satten 4500Umin. Die Kanonenkugel hat zwar nur 750ccm, dreht aber mehr als doppelt so hoch. Der zu erwartende Durchsatz mal aus einem einfachen Daumendreisatz ergibt, dass mein 750 mit den Harleypötten bis 5100Umin gut bestückt ist. Mit 10500 wird ziemlich viel Widerstand zu erwarten sein - das geht ja nun gar nicht!

Andreas findet irgendwas von einer 1400er. Der Dreisatz schätzt, dass meine 750 mit 11000Umin einen Durchsatz benötigt, den eine 1400er bei runden 6000 schon erzeugt. Paßt, selbst wenn das ein wenig motorisierter Chopper ist. Schick her, Mann.

Sieht aus, wie von einem V2. Ich messe nach und stelle fest, dass die Pötte auf's Chassis passen. Auch die originalen Halter liegen fast da, wo die jetzigen Harleypötte befestigt werden.

Weiterhin kommt kann man nach Ausbohren eines Niet die eingesetzten Dämpferrohre herausnehmen ... UM SIE ZU SÄUBERN! ;-) Dazu baue ich einen Besenstiel als Drücker um.

Dich sprühe ordentlich Bremsenreiniger rein, um den ganzen Schlüppes zu lösen. Dann klopfe ich vorsichtig mal von außen mit dem Holzhammer. Dann wieder bremsenreiniger und so weiter. Nach 2h benutze ich den Besenstiel, um damit gegen die im Einsatz eingepressten Prallbleche zu drücken. Das Drücken wird zum keichten Klopfen mit dem Hämmerschän. Und plötzlich fliegt doch dieses kleine Prallblech raus - der Dämpfereinsatz hat sich nur marinal bewegt. Hmmm. Ok. Ich versuche das bei dem anderen Pott - mit gleichem Erfolg. Gut - damit sind die Pötte wohl etwas lauter, als gedacht, aber Durchsatz werden sie genügend haben.

Und am Kart sehen sie auch nicht übel aus.

Zu erwarten ist, dass diese Art der Bearbeitung der Schalldämpfer sicher einen entscheidenden Punkt negativ beeinflusst hat: Die Schalldämpfung. Ich bin gespannt, was die ersten messungen so ergeben - sicher nicht weniger, als 90dB (A)... Damit sollte auf einigen Kartbahnen schon der maximale Lärmpegel überschritten sein. Ich behalte also die alten Pötte, um sie alternativ montieren zu können.

Sicher gibt's auch Veranstaltungen, wo das kein Problem ist, sondern eher ein gewünschter Nebeneffekt, der "Rennsport" suggeriert.

Nun - ich werd's merken - und bin also vorbereitet ;-)

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