Reparatur des RD350LC

(Kurbelwelle drehte nicht mehr frei)

Erst kommt die Schuldzuweisung. Wolfgang ist an diesem Tage bei den OTT2003 nicht gefahren. Stattdessen der Ollf. Und bei Ollf ging der Motor nach 2 Runden fest. Also war Wolfgang Schuld. So!

Und jetzt kommt die Reparatur des kapitalen Motorschadens:

Komisch war, daß man beim Hin- und Herschieben des Karts mit eingelegtem Gang eine Drehbewegung der Kurbelwelle bemerken konnte. Ein Kolbenfresser konnte es also nicht sein. Oder war's doch ein Kolbenfresser, und ein Paar Zähne im Getriebe waren abgeraspelt? Hmm. Egal. Der Motor muß aufgemacht werden.

Indizien:

Vergaser abbauen und die Einlaßmembranen anschauen. Ein Membrankäfig war übersäht mit kleinen Metallpartikeln. Das sieht nach ungesundem Abrieb aus. Die Zündkerze des gleichen Zylinders hat viele, kleine helle Perlen auf dem Sockel. Das sieht nach geschmolzenem Aluminium aus. Und durch den Auslaß am passenden Zylinder sieht man, daß der obere Rand des Kolbens nicht mehr scharfkantig aussieht.

Na gut. Also Zylinderkopfschrauben ausdrehen und den Kopf von innen begutachten.

Auch hier erkennt man sofort den defekten Zylinder/Kolben. In der Zylinderkopfglocke sind viele Alu-Perlen zu erkennen. Außerdem sehr viele kleine Dellen, fast wie Einschläge. Und was liegt denn da fein säuberlich zusammengefegt auf dem defekten Kolben?

Lauter kleine Metallkrümel. Erstmal rausnehmen. Dann die Zylinder abziehen. Also, wer den defekten Kolben jetzt nicht erkennt, sollte auch nicht mit Messer und Gabel essen ;-)

Interessant ist, daß die Metallkrümel offensichtlich ganz schwach magnetisierbar sind. Und wie Aluminium sehen sie auch nicht aus. Abrieb vom Zylinder? Nein. soviel fehlt dem nicht. Die Lauffläche hat nur eine ganz kleine Schabespur. So frei gelegt, kann man die Pleuele sehen und auch in den Kurbelraum. Uff. Der defekte Kolben hängt noch an einem Pleuel - das Pleuel aber nicht mehr auf dem Kurbelwellenzapfen! Das untere Auge ist abgerissen und der Kurbelwellenzapfen hat das Pleuel gegen das Gehäuse gestemmt und dabei umgeformt.

Also, das wird teuer. Neue Kurbelwelle, neues Pleuel, neuer Kolben, neuer Zylinder ... neuer Motor? Wir packen alles ein, und suchen den Berliner Zweitakt-Wissenden Stefan Kalipke auf. Nach einigem Begutachten, Messen, Diskutieren und viel Gelächter wissen wir, daß es wirklich teuer wird. Aber Stefan ist halt auch ein Perfektionist. Und er versteht denn doch, daß wir mit dem neu gemachten Motor einen anderen Einsatzfall haben, als er normalerweise kennt. Wir fahren keine 30.000km mit dem überholten Motor. Wir fahren vielleicht 1.000km pro Jahr. Ja gut: Mit einem digitalen Gaspedal bei 75% "1" und 25% "0". Zugegeben. Aber trotzdem... Wir sollen mal in ein paar Tagen anrufen, er will in Ruhe nachdenken.

Es hat sich gelohnt. Eine gebrauchte Kurbelwelle, einen Zylinder und passenden eingefahrenen Kolben hat er gefunden. Dazu noch ein paar neue Dichtungen und so. Alles doch preislich erträglich. Die Kurbelwelle ist eben nur "gebraucht". Höhenschlag, Pleuelkippspiel, Pleuelquerspiel und Wangenabstände teilweise gut innerhalb der Werksangaben. Lager "fühlen" sich sehr gut an. Nur "Gebraucht" eben...

Links die Generatorglocke und den Generator abbauen. Für die Glocke gibt's einen passenden Abzieher. Manne ist wiedermal zu geizig und leiht sich das 10Euro-Ding von Robert. Nach einigen Versuchen muß dann doch eine sehr lange Verlängerung aufgesteckt werden. Und dann macht's laut KLACK - und die Glocke ist ohne Beschädigung abgezogen. Wolfi bemerkt nur trocken: " Die war wohl noch nie ab.". Manne merkt den Rumms noch eine Weile in den Handgelenken...

Rechts die Kupplung und alle sonstigen Zahnräder abmachen. Das Lösen der zentralen Mutter der Kupplung wird ein Geduldsspiel. Den Kupplungskorb kann man mit keinem verfügbaren Werkzeug gegen Verdrehen sichern. Und ohne Verdrehsicherung kann man die zentrale Mutter nicht lösen. Und in den Käfig will man ja auch nichts reinstecken, sonst verbiegt oder zerbricht man das Aluminiumteil noch. Also - aha - stecken wir ein Stück Holz zwischen Kurbelwellenzahnrad und Kupplungszahnrad. Mit etwas Gefühl merkt man schon, wann's klemmt. Und dann endlich löst sich diese vyxydlfs... Mutter. Das gleiche Prinzip wird auch für die Mutter an der Kurbelwelle angewendet, um die Zahnräder zu entfernen.

Dann wird das gesamte Gehäuse untersucht. Der obere Gehäusedeckel entfernt und so das Getriebe freigelegt. Bei dieser Gelegenheit kann festgestellt werden, daß hier genau die gleichen Komponenten enthalten sind, wie im Getriebe des 4L1 (250er). Damit ist auch die Übersetzung der Gänge gleich. Das Reparaturhandbuch (nicht von Yamaha) sagt was anderes. Und nun wird alles schön sauber gemacht. Alle Dichtflächen (Zylinderkopf, Zylinder, Getriebehälften) werden peinlich von Dichtungsresten befreit.

Ein paar kleinere Dichtungen, die im Dichtsatz der Zylinderkopfdichtung enthalten sind, werden auch gleich getauscht. Einige waren ja selbst geschnitten und haben auch bis dato gehalten.

Beim Zusammembau nun bloß nichts falsch machen und vor allem nichts übrig lassen ;-) Öfter mal in das Reparaturhandbuch schauen. Obwohl es anscheinend nicht überall stimmt, gibt es doch vielfach ein paar gute Tipps.

Und wenn's mal gar nicht weitergeht, dann sagt Mannes Tochter, wierum nun der Simmerring eingebaut wird.

Die nächste Ausfahrt kann kommen...

***